Ceshire Farm Exhibition
Der Hänger ruckelte und rappelte ganz schön als ich mit dem Auto die Ausfahrt zu Straße hinaus fuhr. Ich hörte unseren Hengst Commander im Hänger Wiehern und Treten. Er war es nicht gewohnt im Hänger zu fahren und ich verfluchte mich selbst ein wenig dafür, dass wir mit ihm nicht mehr Hänger Training gemacht hatten. Neben mir auf dem Beifahrersitz saß Siobhan unsere recht neue Trainerin. Wir hatten sie extra für Commander in unser Team aufgenommen, nachdem Luke sich dazu entschlossen hatte dass er dem Shire Horse Hengst nicht mehr gerecht wurde und sich mehr auf die Jungtierausbildung konzentrieren wollte. Ich war damals sehr enttäuscht als er mir dies mitteilte, doch in Siobhan hatte ich einen guten Ersatz gefunden. Sie hatte den Hengst gut im Griff und sie beherrschte das Fahren von Pferden seit jungen Jahren. Ich war froh zu sehen, dass beide gut miteinander klar kamen. Ein erneuter Tritt aus dem Hänger riss mich aus meinen Gedanken: „ Ich hoffe der reißt uns nicht den Hänger ab.“, sagte ich etwas besorgt, doch die rothaarige Irin neben mir lachte nur. „ Da muss er durch, manche Pferde werden den Hänger immer hassen, wir haben viel am Hänger mit ihm gearbeitet, jetzt muss es irgendwann auch klappen.“ Damit hoffte ich, dass sie Recht hatte. Ich war ja schon froh gewesen, dass er überhaupt in den Hänger gegangen war. Vorerst hatte er noch gezögert, dann sich aber überzeugen lassen. Mit Luke wäre er wohl gar nicht hineingegangen…
Ich versuchte den Gedanken zu verdrängen und konzentrierte mich auf das wesentliche. An diesem Wochenende war die Cheshire Farm Exhibiton. Eine Ausstellung und Messe für Farmer, Züchter und alles was mit dem Landleben zu tun hatte. Ich hatte die Einladung als Aussteller am Anfang des Jahres im Briefkasten gefunden und mich sehr darauf gefreut. Ich hatte vor gehabt Sheffi oder Henry vorzustellen, beide hatten viele Shows erfolgreich abgeschnitten und zuletzt war Sheffi sogar als Supreme Hengst gekört worden. Doch es half alles nichts. Henry hatte sich irgendetwas eingetreten beim Ausritt und lahmte seither. Nicht ernstes, wahrscheinlich ein kleines Hufgeschwür was schnell abheilte, aber einen lahmenden Hengst konnte ich nicht vorstellen und Sheffi, ja der war auf Stutenbesuch, weil ich den Termin der Ausstellung im wahrsten Sinne des Wortes verpeilt hatte.
Siobhan merkte das ich nervös wirkte. „ Keine Sorge, der macht das bestimmt ganz toll. Nur das Hänger fahren ist ihm nicht geheuer.“ Ich atmete tief durch. Ich wollte, dass sich der Shire von seiner besten Seite zeigte. Er war immerhin ein besonderes Tier mit schönen Abzeichen und sein blaues und braunes Auge waren eine Besonderheit der Shire Horse Zucht. Aber ob dies gut ankommen würde, bei den altbackenden Herrschaften? Ich kannte die Züchter dort und sie waren alle sehr altmodisch. Beim letzten Shire Horse Breeder County Council haben sich viele darüber ausgelassen, dass die Pferde mehr und mehr zu schnellen Sportpferden wurden und man kein Augenmerk mehr auf Kraft und Zugkraft setze wie früher, geschweige denn von den Farben die jetzt erlaubt sein würden. Ich wusste schon damals, dass sie meine Zucht gemeint hatten, da ich mich mit den Farbstandards meiner Tiere zumeist sehr in Grauzonen bewegte. Es würde Diskussion geben wenn ich mit einem solchen Hengst ankommen würde, dass wusste ich genau.
Knapp eine Stunde später fuhren wir auf den Ausstellerparkplatz und parkten wo uns der Parkplatzwärter hin lotste. Ich stieg auf und prompt fiel mein Augenmerk auf einige bekannte Züchter. Schon jetzt wurde ich begutachtet und über mich wurde geurteilt.
Ich atmete tief durch und ging nach hinten zum Hänger. Commander hatte sich beruhigt. Als ich die fordere Klappe öffnete blinzelte er mich verwirrt an, als wollte er sagen ‚ Wie jetzt? Schon vorbei?‘ Ich lächelte und stieg in den Hänger. Siobhan öffnete das Transportmittel von hinten und Schritt für Schritt ging Commander aus dem Pferdeanhänger und reckte den Hals in den Himmel. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn mit seinen knapp über 2 Meter Stockmaß überragte er mich locker.
Die Nüstern gebläht, die Augen hell und die Ohren gespitzt blickte der Hengst auf die anderen Pferde und ein wiehern kam aus seiner Kehle. ‚So Leute, hier bin ich! ‘, wollte er allen Anwesenden damit sagen und ich spürte die Blicke auf mich und auf Commander gerichtet. „Hübsches Tier“, hörte ich eine Stimme. Es war Ernie McMillan. Ebenfalls ein Shire Horse Züchter, doch von allen der mir noch am Liebste. Mein Großvater war gut mit ihm befreundet gewesen, allerdings hatte er es nach seinem Tod auf das Wolfsbane Estates abgesehen. Hätte ich mein Erbe nicht angetreten hätte er wohl viel Geld geboten um es zu kaufen.
Er stand dort und hatte ebenfalls ein Pferd bei sich. Ein großer Rappe mit weißen Beinen und nur einem kleinen Stern auf der Stirn. Ein Pferd wie es nicht besser in die Vorgaben der Shire Horse Zucht passen könnte. „ Ebenso.“, sagte ich kurz und abgehackt. Er lachte kurz und wandte sich dann wieder seinem Pferd zu.
Siobhan stand auf einmal vor mir. Sie händigte mir ein Programm aus. „ Wir sind in 1 Stunde dran, auf Showring 3“ Ich nickte und fast automatisch ging mein Blick hoch zu Commanders Mähne. Ich sollte keinen Herzinfarkt bekommen, denn die Frisur saß. Keine Strähne hatte sich gelöst und das was der Hengst sich auf der Fahr verwuschelt hatte, konnte man mit etwas Haarspray wieder gut glätten.
Ich atmete durch und war zum ersten Mal an diesem Tag zuversichtlich. Ich trenzte den Hengst und gemeinsam mit Siobhan gingen wir zum Einreitplatz. Die Rothaarige zog sich um während ich den Hengst die ersten Runden führte. Nachdem sie sich in ihre Showkleidung geworfen hatte, übergab ich ihr Commander und begleitete die Beiden bis wir den Aufruf hörten. „Nach diesem Showact sehen sie einen Shire Horse Hengste der Region Ceshire. Bleiben sie gespannt und freuen sie sich auf unsere sanften Riesen.“ Ich klopfte Commander auf den Hals und wünschte Siobhan viel Spaß. Es war zwar kein Wettbewerb, doch ich war trotzdem nervös auf einmal.
Die Hengste wurden nach und nach in die Bahn gebeten, mussten einmal vor der Audienz halten und dann auf der Mittellinie auf zu marschieren. Eigentlich kein Problem. Doch die Tatsache das andere Hengste da waren und Commander manchmal gerne die Rampensau raus ließ und sich gerne mal hochschaukeln ließ, machte mir doch schon ein wenig Sorgen, da wurde es nicht besser als genau vor uns Ernie mit seinem schwarzen Prachtross stand und entspannt mit dem Führer seines Pferdes plauderte. Dann wurde er hineingebeten: „ Und hier nun McMillan’s Alp, ein herrlicher Rappe. Schauen sie wie gelassen er hier in den Ring stolziert. Ein Shire Horse, wie es im Buche steht.“
Ich musste nochmal tief durchatmen und das Herz rutschte mir etwas in die Hose als ich unseren Aufruf hörte. „ Und nun sehen sie, werte Zuschauer, den Hengst Wolfsbane’s Commander.“ Siobhan lief los und Commander verfiel sofort in einen schwungvollen, sehr schönen Trab. „ Wahrlich ein kleiner Exot der Shire Horse Zucht, mit seinen zweifarbigen Augen. Modern, frisch, wie er sich hier im Ring präsentiert. Eine wahre Augenweide von Pferd.“ Der Kommentator schien hin und weg von Commander zu sein. Er lobte den Hengst in höchsten Tönen und Siobhan musste sogar, leicht aus der Puste, noch eine Extrarunde drehen.
Ich war glücklich als alles vorbei war und wir uns wieder auf den Weg zurück zum Hänger befanden. Commander hatte in seiner Ehrenrunde tosenden Beifall erhalten und beim heraus gehen wurde ich mehrfach auf den Hengst angesprochen. „Gelungen, würde ich sagen.“ Sagte Siobhan und ich nickte. Commander war glaube ich auch sehr froh wieder nach Hause zu fahren, denn ohne mit der Wimper zu zucken ging der Hengst in den Hänger und wir konnten uns sofort auf den Weg nach Hause machen.